TENNIS Dennis Novak, Arthur De Greef, Filip Krajinovic und Stefano Travaglia stehen im Halbfinale von Heilbronn
Von unserem Redakteur Lars Müller-Appenzeller
Berufsrisiko. Wer sein Büro im Freien hat, der weiß, dass er ab und an mal nass wird. Tennisprofis gehen auch im Nieselregen ihrem Beruf nach. Als am Freitagabend aber ein Wolkenbruch über dem Heilbronner Osten niederging, gab es kein Vertun: Spielunterbrechung beim Neckar-Cup – ein Mal abkühlen vor der heißen Phase des mit 92 040 Euro dotierten Challenger-Turniers. An diesem Samstag stehen ab 13 Uhr die Halbfinals auf dem Programm, am Sonntag zur gleichen Zeit erst das Doppel-, anschließend das Einzel-Finale. Wer gewinnt den 6. Neckar-Cup? Filip Krajinovic, Stefano Travaglia, Arthur De Greef oder Dennis Novak?
Als der große Regen kam, hatte Matthias Bachinger immerhin den ersten Satz seines Viertelfinals in trockene Tücher gebracht. 6:3 führte der 32-jährige Münchner gegen Arthur De Greef aus Belgien. Nach einer Stunde Pause ging es weiter, Bachinger fand nicht mehr statt: „Der Regen hat den Platz weicher gemacht, das Spiel langsamer. Das war gut für Arthur, für mich beschissen.“ De Greef war dankbar: „Der Regen war gut für mich. Keine Ahnung, wie ich einen so souveränen zweiten Satz spielen konnte.“
Müde Knochen Der 27-Jährige wurde quasi vom Regen zurück in die Top 200 der Weltrangliste gespült. Auf zwei Turnier-Siege bei Challengern kommt De Greef, auf 380 489 US-Dollar Preisgeld und in Heilbronn in vier Matches schon auf 429 Minuten auf dem Platz – mehr als sieben Stunden. Arthur De Greef ist der unerfahrenste Halbfinalist und hat die müdesten Knochen. Was für ihn spricht: nichts – und das macht ihn so gefährlich. Sein Gegner wurde anschließend in der Partie von Titelverteidiger Rudi Molleker (Oranienburg) gegen den Österreicher Dennis Novak ermittelt. Es war ein Tennis-Drama, das um 22.55 Uhr kein gutes Ende für den in Heilbronn acht Mal in Serie siegreichen Molleker nahm: Novak siegte 1:6, 7:5, 7:6 (7:3). „Es war ein unglaublicher Fight“, sagte das 25-jährige Austria-Ass. „Ich hatte im ersten Satz keine Chance gegen Rudi“, der im dritten Satz angeschlagen war und eine Behandlungspause benötigte. 200 Zuschauer harrten in der Kälte und bei Flutlicht aus.
Bei Stefano Travaglias 6:4, 3:6, 7:5-Sieg gegen den Bolivianer Hugo Dellien am Nachmittag war es richtig voll auf der Anlage und richtig heiß gewesen. Im Leben geht es nicht immer nur nach oben. Das weiß kaum einer besser als der 27 Jahre alte Italiener. Vor acht Jahren stürzte er in seiner Wohnung die Treppe hinunter und durch eine Scheibe, zog sich Verletzungen an Armen und Händen zu und konnte ein Jahr nicht Tennis spielen.
Travaglia, die Nummer 124 der Welt, liebt das Angeln. Am Trappensee hat im Viertelfinale keiner gebissen, Travaglia wütete teilweise auf dem Center Court, hatte Dellien nach drei Sätzen dann aber doch am Haken. Bis zum Halbfinale stand er in drei Matches 5:43 Stunden auf dem Platz. Drei Turniersiege bei Challengern hat er bisher auf dem Konto, zuletzt triumphierte er im April. 658 835 US-Dollar Preisgeld hat „Steto“ in seiner Karriere eingespielt. Was für ihn spricht: seine italienische Leidenschaft.
Travaglia trifft im Halbfinale auf Filip Krajinovic. Der Serbe ist die Nummer eins des Turniers, gewann das Viertelfinalduell mit Landsmann Viktor Troicki 7:5, 7:6 (8:6). „Das war sehr schwer, wir sind Freunde, sind viel zusammen unterwegs“, sagte der 27-Jährige, der diese Woche auf Platz 69 der Welt gelistet ist. Vor einem Jahr war der neunmalige Challenger-Sieger die Nummer 26, spielte in den vergangenen 14 Monaten drei Mal gegen Roger Federer. „Die Matches gegen Roger und Rafael Nadal waren tolle Erfahrungen“, sagte der Neckar-Cup-Sieger von 2017. „Ja, der Sieg hier vor zwei Jahren als Qualifikant war der Kickstart für meine Karriere“, bestätigte Krajinovic, der bisher 2,48 Millionen US-Dollar eingespielt hat. Was dafür spricht, dass er am Wochenende noch mehr Preisgeld einsackt: seine Coolness. Krajinovic wehrte gegen Troicki einen Satzball mit einem sensationellen Stopp ab.
Livestream und Livescores
„Der Regen hat den Platz weicher gemacht, das Spiel langsamer. Das war gut für Arthur.“
Matthias Bachinger
Fotos: Mario Berger