Mies/Krawietz führen
ein erfolgreiches Doppelleben und ziehen kampflos in Finale ein
Von unserem Redakteur
Lars Müller-Appenzeller
TENNIS Geteiltes Leid
ist halbes Leid, heißt es. Ist dann geteilte Freude auch doppelte Freude?
„Doch, gemeinsam gewinnen ist schöner“, sagt Kevin Krawietz und erzählt vom
Triumph im Februar beim ATP-Turnier in New York an der Seite von Andreas Mies
und dem gemeinsamen Bier am Flughafen. Weiter, immer weiter: Bei der
Turnierhatz um die Welt machen Krawietz/Mies seit 14 Monaten gemeinsame Sache.
Mit Erfolg(en). Sie sind das derzeit beste deutsche Doppel, 2019 weltweit die
Nummer 32 – und die Nummer eins im ausgezeichneten Doppelfeld des Neckar-Cups.
Nach dem verletzungsbedingten Aus des Argentiniers Carlos Berlocq müssen
Krawietz/Mies an diesem Samstag nicht im Halbfinale ran, ziehen kampflos ins
Endspiel am Sonntag.
Seitenhiebe Eine
Doppelbeziehung zu pflegen, ist nicht einfach. Jeder Profi hat normalerweise
auch seine Einzel-Interessen, aufgrund des meist unterschiedlichen Rankings
auch einen unterschiedlichen Turnierplan. Was hilft: Andreas Mies führt ein
reines Doppelleben, spielt nur Doppel. „Es ist schon ein Vorteil, wenn man
eingespielt ist, dieses blinde Verständnis auf dem Platz da ist“, sagt der 28
Jahre alte Kölner. „Die Chemie ist im Doppel ein sehr wichtiger Punkt.“ Sie
stimmt in der Beziehung zum 27-jährigen Bayern aus Coburg. Der Beweis sind die
verbalen Seitenhiebe.
Als es zum Beispiel um
Krawietz Turniersieg eine Woche zuvor beim Challenger in Aix-en-Provence an der
Seite des Österreichers Jürgen Melzer geht (Krawietz: „Es ging eigentlich um
mein Einzel“), sagt Mies zum Egotrip seines Partners: „Das kennt jeder aus
seiner Beziehung: Wenn man sich zu oft sieht, geht man sich auch mal auf die
Nerven.“ Krawietz: „Das sagst du!“ Kurzum: Die Kommunikation klappt. Wobei es
übrigens ein Vorteil sei, so Mies, wenn man in seiner Muttersprache
kommunizieren könne. „Du kannst Dinge anders rüberbringen.“ Doppel ist
Teamsport.
Aaah-Momente Metehan
Cebeci geht noch weiter. Der Turnierdirektor spannt den Bogen zum Club-Tennis,
sagt: „Mannschaftsspiele werden im Doppel entschieden.“ Doppel ist wichtig.
Doppel ist Action. Im Doppel gibt es mehr Aaah- und Oooh-Momente als in einem
Einzel mit Grundlinientennis. Deshalb waren an den vergangenen Abenden beim
Neckar-Cup auch öfter Doppel als Flutlichtspiel angesetzt.
Doppel lebt auch vom
Aufschlag und dem Return, ist aber anders als Einzel. Und Doppel hat andere
Regeln, um die Länge der Matches berechenbarer zu machen Zeit: Bei 40:40
entscheidet der nächste Punkt (No-Ad-Regel), statt eines dritten Satzes wird
der Champions-Tiebreak gespielt. „Beides zusammen ist zu viel Lotterie“, findet
Andreas Mies. „Viele Doppelspieler denken so“, sagt sein Doppelpartner. Doch
sie lieben ihr Lotto-Leben.
Foto: Mario Berger